Discussion:
Akkorde gesucht
(zu alt für eine Antwort)
Max
2017-01-06 19:05:20 UTC
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Hallo Musikfreunde,
ich habe eine Frage. Wie finde ich die Begleit-Akkorde (Harmonien) zu
einem Lied (Volkslied) für die einzelnen Takte?
Oder anders gefragt: welchen Bassakkord für das Akkordeon (oder
Gitarrengriff) erkenne ich aus den Noten des Liedes für den einzelnen Takt?
Vielen Dank.
Max
Holger Marzen
2017-01-06 19:14:03 UTC
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Post by Max
Hallo Musikfreunde,
ich habe eine Frage. Wie finde ich die Begleit-Akkorde (Harmonien) zu
einem Lied (Volkslied) für die einzelnen Takte?
Oder anders gefragt: welchen Bassakkord für das Akkordeon (oder
Gitarrengriff) erkenne ich aus den Noten des Liedes für den einzelnen Takt?
Das ist meiner Meinung nach nicht eindeutig. Es kommt darauf an, welches
Gefühl man transportieren will, ganz besonders, wenn man Überleitungen
einbringt.

Ein prägnantes Beispiel ist die Zeile "Schlaf in himmlischer Ruh" von
"Stille Nacht, heilige Nacht". Das geht in "trocken":

G C
Schlaf in himmlischer Ruh

Aber auch mit mehr Bewegung und Gefühl:

G E7 a C D
Schlaf in himmlischer Ruh

Gerade beim Spielen mit der parallelen Molltonart ist oft was machbar.
Und wenn nur eine einzige Melodiestimme da ist, sind die Freiheiten sehr
groß.
Helmut Waitzmann
2017-01-07 08:56:20 UTC
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Post by Holger Marzen
Ein prägnantes Beispiel ist die Zeile "Schlaf in himmlischer Ruh" von
G C
Schlaf in himmlischer Ruh
G E7 a C D
Schlaf in himmlischer Ruh
In welcher Tonart steht das Lied, oder, anders gefragt, mit
welchem Ton hört die Melodie auf?

»Schlaf in himmlischer Ruh« kommt im Lied zweimal hinter einander
vor. Auf welches Mal beziehst Du Dich?
Holger Marzen
2017-01-07 09:11:28 UTC
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Post by Helmut Waitzmann
Post by Holger Marzen
Ein prägnantes Beispiel ist die Zeile "Schlaf in himmlischer Ruh" von
G C
Schlaf in himmlischer Ruh
G E7 a C D
Schlaf in himmlischer Ruh
In welcher Tonart steht das Lied, oder, anders gefragt, mit
welchem Ton hört die Melodie auf?
»Schlaf in himmlischer Ruh« kommt im Lied zweimal hinter einander
vor. Auf welches Mal beziehst Du Dich?
Auf das erste Mal. In welcher Tonart das Original-Lied ist, weiß ich
nicht. Ich hab mal der Einfachheit halber C genommen.
Juergen Ilse
2017-01-09 13:39:05 UTC
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Hallo,
Post by Helmut Waitzmann
Post by Holger Marzen
Ein prägnantes Beispiel ist die Zeile "Schlaf in himmlischer Ruh" von
G C
Schlaf in himmlischer Ruh
G E7 a C D
Schlaf in himmlischer Ruh
In welcher Tonart steht das Lied, oder, anders gefragt, mit
welchem Ton hört die Melodie auf?
Ich wuerde jetzt mal vermuten D-Dur und der Schlusston ein d (obwohl das
heutzutage zum mitsingen wohl schon als sehr hoch gelten muesste ...).
Post by Helmut Waitzmann
»Schlaf in himmlischer Ruh« kommt im Lied zweimal hinter einander
vor. Auf welches Mal beziehst Du Dich?
Auf das letztere.

Tschuess,
Juergen Ilse (***@usenet-verwaltung.de)
PS: Genau weiss ich natuerlich nicht, was Holger gemeint hat, aber IMHO
waren das zumindest qualifizierte Vermutungen (und fuer mich als "nicht
Pianist und nicht Gitarrero" ist das evt. schon eine Leistung ...).
Peter Sauter
2017-01-09 20:02:27 UTC
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Post by Juergen Ilse
Hallo,
Post by Helmut Waitzmann
Post by Holger Marzen
Ein prägnantes Beispiel ist die Zeile "Schlaf in himmlischer Ruh" von
G C
Schlaf in himmlischer Ruh
G E7 a C D
Schlaf in himmlischer Ruh
In welcher Tonart steht das Lied, oder, anders gefragt, mit
welchem Ton hört die Melodie auf?
Ich wuerde jetzt mal vermuten D-Dur und der Schlusston ein d (obwohl das
heutzutage zum mitsingen wohl schon als sehr hoch gelten muesste ...).
Ich habe das Stück fürs Keyboard und es ist ein C-Dur (letzer Ton der
Melodie ist C und letzer Akkord ist auch C-Dur).

Helmut Waitzmann
2017-01-08 06:11:14 UTC
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Post by Max
ich habe eine Frage. Wie finde ich die Begleit-Akkorde (Harmonien) zu
einem Lied (Volkslied) für die einzelnen Takte?
Oder anders gefragt: welchen Bassakkord für das Akkordeon (oder
Gitarrengriff) erkenne ich aus den Noten des Liedes für den einzelnen Takt?
Ich werfe mal ein paar Punkte aus meinem Bauchgefühl heraus in die
Diskussion. Einiges davon kann man am von Holger Marzen
gebrachten Beispiel »Stille Nacht! heilige Nacht!«

<Loading Image...>

(dort in D‐Dur) gut sehen:

Die zur Melodie gesetzten Begleitstimmen sollten zu ihr passen.
»Passen« bedeutet, dass die Melodie und die Begleitstimmen
zusammen einen Akkord ergeben sollten, der »gut klingt«. Das kann
ein konsonanter oder ein dissonanter Akkord sein.

Je nachdem, wie schnell man die Begleitakkorde wechseln möchte,
kann man sich auch darauf beschränken, nur auf den betonten
Taktteilen einen gutklingenden Akkord zu setzen und die unbetonten
Taktteile als Durchgangsnoten nicht so wichtig zu nehmen. Das
kommt besonders dort in Betracht, wo die Melodie kurze Notenlängen
(also schelle Tonwechsel) hat.

Am Beispiel »Stille Nacht«: Der erste Takt beginnt mit dem ersten
Achtel mit einem a1 und einem fis1 in den Singstimmen. Der Bass
spielt ein d. Das ergibt einen (konsonanten) D‐Dur‐Akkord.

Das zweite Achtel bringt in der Begleitung fis und a (das d
erklingt nicht mehr, aber die Hörer haben es noch im Ohr). In der
zweiten Hälfte dieses Achtels wechseln die Singstimmen auf h1
bzw. g1. Das ergibt mit dem Achtel der Begleitung einen
hochgradig dissonanten Cluster‐Akkord fis, a, g1, h1. Würde man auf
diese Stelle eine Fermate setzen, also, die Töne aushalten, würde
sich das nicht gut anhören. Aber dieses Sechzehntel ist hier sehr
unbetont und auch schnell vorbei. Daher stört das kaum (wenn
überhaupt). Das dritte Achtel bringt wieder wie das erste
Sechzehntel des zweiten Achtels einen konsonanten D‐Dur‐Akkord
(das d erklingt zwar nicht, aber die Hörer haben es noch vom
ersten Achtel im Ohr).

Wenn man es dabei hinbekommt, den begleitenden Bass – egal, ob die
Melodie nun gerade schnell oder langsam fortschreitet – in
gleichlangen Notenwerten voranschreiten zu lassen, erhält man so
etwas wie einen walking bass, der den Rhythmus stabilisiert:
Selbst dann, wenn die Melodie einmal sehr lange Notenwerte haben
sollte, zählt der Bass den Takt gleichbleibend durch und hilft so
den Sängern, auch etwa an langen Zeilenenden die Geduld nicht zu
verlieren.

Auch das kann man am Beispiel »Stille Nacht« sehen, und zwar an
der Stelle »Schlafe in himmlischer Ruh‐ uh« in Takt 10: Das Wort
»Ruh« erstreckt sich über einen ganzen 6/8‐Takt. Wenn der Bass
nun auf jedem Achtel einen neuen Ton spielt (in der zweiten
Takthälfte nimmt er sogar Sechzehntel), erleichtert er es den
Sängern, nicht zu früh mit der Wiederholung des Textes »Schlafe in
himmlischer Ruh!« fortzufahren: Sie warten, bis der Bass fertig
ist, und bleiben so automatisch im Rhythmus.

Dissonante Akkorde geben der Musik Vortrieb: Ein dissonanter
Akkord weckt im Hörer die Erwartung auf einen weiteren, nach den
Regeln der harmonischen Fortschreitung folgenden, die Dissonanz
auf‐ oder ablösenden Akkord.

Da ist Holgers Vorschlag für die Takte 9 und 10 (transponiert nach
D‐Dur) spannender als das Original: Holger schlägt die Akkorde A
(wie im Original), Fis7 (ergibt mit den Singstimmen einen
Fis‐Dur‐Sept‐Non‐Akkord mit kleiner Sept und kleiner None (statt
A7 im Original), h und D (ich würde eher beim h bleiben, statt D
im Original), E (und dann das a1 im Alt auf gis1 ändern, ergibt
mit dem fis2 einen E‐Dur‐Akkord mit großer None) vor. Und wenn
man dann in Takt 11 auf das erste Achtel einen D‐Dur‐Akkord mit
einem A im Bass (d.h. in Quart‐Sext‐Akkord‐Umkehrung) setzt,
kriegt man (in strenggenommen falscher harmonischer
Fortschreitung, weil eigentlich zwischen E‐Dur und D‐Dur erst noch
ein A‐Dur‐Akkord folgen müsste) die Kurve nach D‐Dur.

Eine andere Idee wäre, in Takt 11 auf dem ersten Achtel auf E‐Dur
mit kleiner Septime d2 im Sopran zu bleiben (mit gis1 im Alt) und
dann zum zweiten Achtel den Bass auf a und den Alt auf e zu
wechseln. Dann ergibt sich ein Akkord mit a, e1 und d2, ein
A‐Dur‐Akkord mit Quartvorhalt. Aber dann hat man das Problem,
dass der Sopran nach den harmonischen Stimmführungsregeln
anschließend auf cis2 wechseln muss (wer den Quartvorhalt hat,
muss anschließend die Terz liefern), die Melodie aber ein a1
verlangt. Und außerdem kann man dann nicht in Takt 10 bereits auf
E‐Dur enden: Der E‐Dur‐Akkord am Ende von Takt 10 schreit
geradezu nach einem Akkord‐Wechsel zu Takt 11.

Besonders rund klingt es, wenn die Melodie und die Bassstimme sich
in entgegengesetzter Richtung fortbewegen: Geht die Melodie nach
oben, geht der Baß nach unten, und umgekehrt. (Das lässt sich
zwar nicht immer durchhalten, muss es aber auch nicht.) Zumindest
gleichzeitige große Sprünge von Melodie und Bass in /derselben/
Richtung hören sich aber eher nicht so gut an.

Gut klingt es, wenn die einzelnen Stimmen nach den Regeln der
Harmonielehre fortschreiten. Aber auch das lässt sich nicht immer
perfekt machen und muss manchmal hinter andere Notwendigkeiten
zurückstehen.

Weniger gut klingt es im Allgemeinen, wenn sich zwei Stimmen, die
sich im Quint‐ oder Oktavabstand befinden, mit demselben Intervall
fortbewegen. Dadurch bleiben sie im Quint‐ bzw. Oktavabstand, und
es entsteht eine sogenannte Quint‐ bzw. Oktavparallele. Für den
Hörer bricht dort die Zweistimmigkeit (nahezu) zusammen. »Im
Allgemeinen« heißt hier: außer, es sollen besondere Effekte damit
erreicht werden. (Wer es kennt: In Bachs Matthäuspassion (Satz
Nr. 58d nach der Zählung der neuen Bach‐Ausgabe): »Andern hat er
geholfen und kann ihm selber nicht helfen…« ist mehrstimmig bis zu
»denn er hat gesagt:«. Und dann folgt einstimmig (in
Oktavparallelen): »Ich bin Gottes Sohn.«)
Post by Max
ich habe eine Frage. Wie finde ich die Begleit-Akkorde (Harmonien) zu
einem Lied (Volkslied) für die einzelnen Takte?
Wenn das Lied im Tongeschlecht Dur steht und keine Modulationen in
andere Tonarten macht – Modulationen verraten sich oft durch
unterwegs auftretende Versetzungszeichen –, könntest Du einfach
mal als Akkordvorrat mit den drei Hauptdreiklängen, der Tonika
(auf der ersten Stufe), der Subdominanten (auf der vierten Stufe)
und der Dominanten (auf der fünften Stufe) anfangen und schauen,
welche Akkorde wo auf die Melodie passen.

Wenn die Melodie in andere Tonarten moduliert, müsstest Du die
Hauptdreiklänge dieser Tonarten dazunehmen und dann an
entsprechender Stelle den Akkordvorrat der Start‐Tonart durch den
der Modulationstonart ersetzen (und danach wieder zurück).

Sehr geschickt ist es dann, wenn man es hinbekommt, zuerst einen
Akkord zu verwenden, der sowohl in der Ausgangs‐ als auch in der
Zieltonart vorkommt. Als nächstes folgt dann ein Akkord, der nur
in der Zieltonart vorkommt. Der schiebt die Melodie in die
richtige Richtung: Dann wird es den Sängern leicht gemacht, in
der Modulation der Melodie die Kurve zu kriegen.

Aber das wäre an einem Beispiel leichter zu erklären.

Wenn Du die Moll‐Parallelen der Hauptdreiklänge hinzunimmst, hast
Du noch größere Auswahl und mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Max
2017-01-08 14:36:35 UTC
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Post by Max
Hallo Musikfreunde,
ich habe eine Frage.
Ein grosses Dankeschön an Holger und Helmut für die wertvollen
Erläuterungen und die Zeit, welche ihr meiner Frage gewidmet habt.

Als Musikkonsument macht man sich i.a. nicht so viele Gedanken um das
Entstehen der Begleitung und deren musiktheoretischen Zusammenhänge.
Dabei kann die Begleitung ein Hörgenuss für sich sein und die
Hauptmelodie 'veredeln'.

Da ich hier an zwei Experten geraten bin, möchte ich eine Frage
anschliessen, die mich auch schon länger beschäftigt.
Diese Frage stelle ich in einem neuen Thema.
Lesen Sie weiter auf narkive:
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